Nein, ich habe Ja gesagt – Regeln beim Impro

Regeln sind etwas tolles, man kann sich an sie halten oder sie brechen. Sie geben uns Richtung und helfen schnell Entscheidungen zu treffen. Aber es sollten gute Regeln sein.

Gestern wurden mir von einer Improvisiererin 4 Regeln mitgebracht, die Sie auf einem Seminar* ins Merkheft dirktiert bekommen hatte. Es seinen die vier unumstößlichen Regeln des Improvisationstheaters. Ein klein wenig stolz hat mich gemacht, dass durch meinen Unterricht die "Regeln" gleich als schräg erkannt wurden. Aber erst einmal DIE 4 Regeln, was man beim Improvisieren zu befolgen hat:

1. Nicht "Nein" sagen.

2. Kein Konjunktiv verwenden.

3. Keine Suggestivfragen verwenden.

4. "Geschenke" des Spielpartners immer annehmen.

Ich will mich hier erst einmal nur über Sinn und Unsinn von Regel 1 auslassen – die anderen bearbeite ich vielleicht ein anderes Mal.

Die erste Regel ist die klassische "Sag Ja-Regel". Aber sowohl als Ja, wie auch als Nein-Regel muss sie richtig erklärt werden. Man soll zu den Angeboten des Spielpartners Ja sagen, aber dazu nicht im Umkehrschluss seiner Rolle das Wort Nein verbieten (Angeblich wurde auf Nachfrage behauptet, das Wort Nein sei beim Impro verboten… Ich hörte solche Aussagen leider auch schon.).

Heut fiel mir endlich dass passende Beispiel ein, um es zu verdeutlichen. Keith Jonstone beschreibt das Ja sagen als den Beginn großer Abendteuer. Wenn ich nicht Ja sage, auf die Frage: "Willst Du in der Achterbahn der Abendteuer mitfahren?", bleibe ich auf dem Bahnsteig stehen und komme nicht mit. Soweit so richtig. Doch was ist, wenn mich nach der ersten Runde der Zugfüherer fragt: "Willst Du aus der Achterbahn der Abendteuer aussteigen?", dann katapultiert mich ein Ja auch wieder auf den Bahnsteig.

Also liebe Improspieler, bitte ins Merkheft eintragen: Ein Ja, kann genau so ein Nein sein! Paradox, nicht wahr?

Sleeping Beauty; Darstellung von Alexander Zick (1845 - 1907) cc WikimediaWie gerade erwähnt, sollen wir aber zu den Angeboten des Spielpartners Ja sagen. Wenn also ein Mitspieler als der böse Hexenmeister, König, Stiefmutter oder wer auch immer, zu mir sagt: "Niemals darfst Du durch diese Tür gehen!", heißt dies für mich im Umkehrschluss: Versuche alles, um durch diese Tür zu gelangen. Denn sage ich als Rolle ehrlich Ja, endet an dieser Stelle die Szene, die gar eine Langform sein kann. Dann gibt es keine Heldenreise, Dornröschen sticht sich nicht an der Spindel, die Königstochter heiratet den ersten Freier und nicht Drosselbart, Schneewittchen bleibt in der Küche sitzen und so weiter. Das Übertreten von Verboten löst ganz oft tolle Geschichten aus, wenn die Rolle Nein aber der Spieler Ja zum Angebot sagt.

Deshalb liebe Lehrer und Trainer, die ihr Improvisation unterrichtet: Bitte erklärt die "Sag-Ja-Regel" oder "Nicht-Nein-Regel" richtig! Aber wie ich Euch kenne, habt ihr dazu jetzt schon Ja (Nicht Nein) gesagt.

*Ich werde an dieser Stelle ganz bewußt keine Namen nennen. Ich bin sicher, dass hier nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt wurde.

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2 Gedanken zu „Nein, ich habe Ja gesagt – Regeln beim Impro

  1. Ich finde, die Regel (und die dahinter stehende Einstellung des geneigten Improvisateurs) sollte eher „Akzeptiere das Angebot deines Partners“ heißen. Das vermeidet zumindest die Nein-Nein = Ja Debatte und ist nicht nur auf die verbale Ebene beschränkt.
    Natürlich löst das sofort die Frage aus: „Was genau ist Akzeptieren?“. Dann könnte man mit der Vereinfachung „Zum Beispiel meistens wenn du in einem Gespräch zu einem Vorschlag deines Partners ‚Ja‘ sagst!“ halbwegs leicht verständlich einsteigen ohne eine ungenaue Regel aufzustellen.

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  2. Akzeptieren heisst für mich ein miteinander spielen auf der Bühne. Sozusagen ein Einigen der Schauspieler. Nur „Ja“ sagen ist ja nur eine simple Übung für Anfänger um deutlich zu machen wie oft man Dinge ablehnt, aber keine Grundregel für alles.

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