Welcher Western ist zu empfehlen?

"Ein Improvisierer handelt nicht aus einem formlosen Vakuum heraus, sondern aus drei Milliarden Jahren organischer Evolution."

-Stephen Nachmanovitch1

Dieses Zitat drückt für mich aus, was ich immer im Hinterkopf habe. Ein guter Improspieler (und ich beziehe mich herbei mehr auf das Theater) sollte auch über ein breites Allgemeinwissen verfügen. Nicht um dieses Wissen missionarisch unter das zuschauende Volk zu streuen – aber je mehr man von den drei Milliarden Jahren weiß, desto mehr kann man daraus schöpfen.

In diesem Zusammenhang interessieren mich zurzeit die verschiedenen Genre, nach denen man des Öfteren im Improtheater fragt. Immer wieder stelle ich fest, dass manche Spieler mit einigen Genres nichts anzufangen wissen – ich habe da auch so meine Defizite. Besonders schmerzlich fällt es mir aber auf, wenn wir einen Western spielen dürfen.

Meist rutscht sofort das Genre ins Klischee, eine Dorfstraße wird etabliert, ein Busch rollt vorbei und ein lässig Kautabak kauender Cowboy erschießt einen Fremden. Mit etwas Glück taucht noch ein Scheriff auf – aber nur, wenn es ein guter Tag ist! Nein, ich übertreibe. Aber ernsthaft, was sagt man jemanden, der danach fragt, was einen guten Western ausmacht?

Meine Lösung heißt, sieh Dir gute Western an und lerne von den Meistern! Aus dieser Aufforderung ist die Idee entstanden, Genrelisten mit meinen Top-Filmen oder auch Theaterstücken zu erstellen. Hier zum Beginn gleich meine Westernliste mit Filmen, die ich empfehlen würde – aber Achtung, das ist keine Top-Ten!

 

  1. Zwei Glorreiche Halunken – Sergio Leone (Der Western schlecht hin!)
  2. Erbarmungslos – Clint Eastwood (Der Antiwestern)
  3. Pat Garrett jagt Billy the Kid – Sam Peckinpah
  4. The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz – Sam Peckinpah
  5. Abgerechnet wird zum Schluß – Sam Peckinpah
  6. Zwölf Uhr mittags – Fred Zinnemann (Der Klassiker)
  7. Ringo – John Ford
  8. Spiel mir das Lied vom Tod – Sergio Leone (Der wohl bekannteste)
  9. Der mit dem Wolf tanztKevin Costner
  10. Ein Mann, den sie Pferd nannten – Elliot Silverstein


1Nachmanovitch, Stephen. Das Tao der Kreativität. Schöpferische Improvisation in Leben und Kunst. 1. Aufl. O. W. Barth Bei Scherz, 2008.

8 Gedanken zu „Welcher Western ist zu empfehlen?

  1. Mir geht es da, wie Dir: ich kann mit Western auch nicht viel anfangen, aber wie wäre es – neben den oben von Dir genannten – z.B. mit „Broke Back Mountain“?

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  2. Es geht nichts über Klischee! Wir haben (das große Impro-Wir!) ungefähr 3 Minuten, um dem Publikum eine Geschichte zu erzählen, das ist es wichtig, das Genre durch kurze Andeutungen klar zu machen. Gang, Sprache, Sprüche.
    Für den Spieler gilt hier lerne alles über das Genre, lerne ein Leben lang, studiere jede Minute Film, vergleiche und verinnerliche sie. Vergiß dann alles und spiele!

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  3. @ Claudia: Ich muss zugeben, dass ich Broke Back Mountain noch nicht gesehen habe – das ist der Hauptgrund, warum er auf keiner meiner Listen auftaucht. Ich denke aber auch, dass er zeitlich etwas zu spät spielt (es ist glaube ich um die 1950er? Jahre). Wenn Du aber nichts mit Western anfangen kannst, dann sieh Dir doch mal einen von der Liste an.

    @Ivalo: Es geht so Vieles, was über das Klischee geht! Ganz besonders, wenn alles wissen, dass es ein Western ist, braucht man in diese Kerbe nicht extra noch zu schlagen. Themen sind m.E. viel viel wichtiger!

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  4. Ich will ja jetzt hier keine Filmdiskussion beginnen und beginne sie dann doch ;-).

    „Spiel mir das Lied vom Tod“ habe ich deutlich zu spät gesehen. Schon ca. 200 Menschen hatten mir in ca. 100 Jahren den Film erzählt und natürlich alles verraten. Als ich dann den Directors-Cut sah, wäre ich vor Langeweile fast gestorben…
    „Der mit dem Wolf tanzt“ fand ich auch nur beim ersten Mal sehen gut (ich mag Geschichten nicht, in denen Tiere leiden)…
    „12 Uhr Mittags“ gefiel mir – glaube ich – ist aber auch ewig her, daß ich den sah…

    Gerade dabei fällt mir ein schöner Western (oder Anti-Western?) mit James Stewart und Marlene Dietrich ein: der englische Titel lautet „Destry rides again“, auf deutsch „Der große Bluff“. Den mochte ich.
    Und dann gab es da doch so eine Serie mit James Garner…

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  5. Beginn ruhig eine Filmdiskussion, dazu sollen diese Einträge schließlich dienen – ich freu mich doch über jeden guten Hinweis! Das man "Spiel mir das Lied vom Tod" langweilig finden kann – kann ich sogar verstehen. (Steht deshalb auch so weit unten.) "12 Uhr Mittags" sollten man sich ab und zu ansehen – besonders die Szene, in der der Bürgermeister dem Sheriff versichert, dass die gesamte Stadt hinter ihm stünde und im gleichen Atemzug ihn hinauswirft. Böse, aber große Kunst! Was Deine Hinweis nach den Anti-Western betrifft, so bin ich am Ãœberlegen, ob man nicht eine Westernkomödienliste aufmachen sollte. Hier nur ein schneller Entwurf: – Vier Fäuste für ein Halleluja (DDR: Der Kleine und der Müde Joe) – Die rechte und die linke Hand des Teufels – Mein Name ist Nobody – Ein Fressen für die Geier (Hier gehört dann auch "Der große Bluff" hinein, den ich aber noch nicht gesehen habe… http://de.wikipedia.org/wiki/Der_gro%C3%9Fe_Bluff_%281939%29 ) Noch jemand Ideen?

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  6. Also ich finde „Spiel mir das Lied vom Tod“ keinesfalls langweilig. Es wird in meinen Augen eine besondere Art von Spannung aufgebaut, die mir persönlich aber sehr gut gefällt – subtil und trotzdem eindringlich.

    Deshalb würde ich dieses Meisterwerk deutlich höher ansiedeln (auch wenn es keine Top 10 Liste ist). Ansonsten sind fast alle meine Lieblingsfilme aus diesem Genre genannt.

    Was (für mich) ein guter Western braucht:
    – starke Schauspieler (Mimik, Gestik)
    – schöne Bilder / Farbton (Szenerie, Athmosphäre)
    – demzufolge einen Kameravirtuosen
    – eine interessante und realistische Story
    – und last but not least (nicht lachen): eine angemessene B-Movie Optik! 😉

    Diese Dinge bilden in meinen Augen das Fundament für einen guten Western.

    Beste Grüße
    Line Dancer

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