Theaterkritik bloggen?!

Gestern war ich zu einem Theaterabend eingeladen, in einem kleinen Theater in Berlin und um es kurz zu sagen, es war schrecklich. Das Stück war vom Schauspieler sowie in Personalunion auch Regisseur selbst geschrieben und hatte statt einer Handlung nur Kalauer zu bieten. Trotz einiger saalweiter Lacher, konnte ich einfach nicht mitlachen. (Obwohl mein Humor fraglos auch bis in die Kategorie Kalauer reicht.) Es war selbst unmöglich dieses Werk wohlwollend unter das Absurde Theater zu zählen. Auch die sonst gern von mir ins Feld geführten Argumente: Schauspieler gut, nur die Regie hat versagt oder schlechtes Stück und doch noch was daraus gemacht, trafen nicht zu.

Also habe ich gestern mit dem festen Vorsatz das Theater verlassen, über dieses Stück eine saftige Kritik zu bloggen. Nun sitze ich aber hier und traue mich ehrlich gesagt nicht. Nicht etwa, weil ich heute anders über das Stück denke oder gar befürchte es einfach nicht verstanden zu haben. Nein, es sind die Gefahren des Web2.0, die mich zurückschrecken lassen…

Sicher, ich würde nur meine eigene Meinung schreiben, dann stände hier: Vorsicht, dieses Stück ist Lebenszeitverschwendung! (Über Geld wollen wir dabei nicht einmal reden…) Und dann, nachdem ich nachweislich eine gute Tat der Menschheit erwiesen hätte, bekomme ich Post wie von Abmanhr.de? Vielleicht bin ich etwas paranoid… dem Bundestrojaner sei dank.

Das ist eine echte Gewissensfrage. Schreibe ich hier etwas Schlechtes rein, bleibt das auf lange Zeit im Netz erhalten (Google-Cache). Doch schreibe ich nichts, beschränke ich meine Meinungsfreiheit und unterbinde den Informationsfluss. Nur ist Kritik, allem voran an Kunst, immer subjektiv und verliert dadurch den Status von Information… oder?

Ach, ich weiß es nicht!

6 Gedanken zu „Theaterkritik bloggen?!

  1. Nur Mut! Solange es als persönliche Meinung gekennzeichnet ist (ich fand Gruppe XXX, ganz besonders Herrn ABC schlecht) und als eine allgemeingültige Wahrheit (die Gruppe war/ist das schlimmste, was je auf einer deutschen Bühne …) angesehen werden kann, gilt immer noch die Meinungsfreiheit. Da kann kein Abmahner was tun. Und was verdient ist, ist verdient. Die Gefahr ist nur im Blog, dass er gelesen wird und kommentierbar ist. Vielleicht haben die dann auch einen Blog und schreiben was gemeines über Impro in Eberswalde. Aber das ist dann ja Meinungsfreiheit.

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  2. Hallo Thomas,

    eine sachliche Kritik, die auf Fakten beruht, ist nicht abmahnbar. Hier gilt beim Bloggen das gleiche Recht wie im Journalismus, nach dem auf Fakten beruhende Ereignisse ohne Furcht vor Sanktionen publiziert werden können, wenn nicht gar müssen – aus Sicht einer aufzuklärenden Öffentlichkeit. Was Du nicht machen solltest, ist diffamieren, auch hier gelten die gleichen berufsethischen Richtlinien wie bei den Medientätigen.

    Natürlich ist Deine Angst vor einer Abmahnung begründet. Abmahnungen können jederzeit gegen jedermann ausgesprochen werden, wie die Seite http://abmahnr.de pointiert zeigt (Achtung Satire!). Die formalen Voraussetzungen dafür sind gering (http://de.wikipedia.org/wiki/Abmahnung).

    Was viel wichtiger ist: Wenn Du Deine Informationen sorgfältig recherchiert hast oder eben einen Tatbestand beschreibst bzw. kritisierst, der so passiert ist, dann ist die Abmahnung gegenstandslos und sollte von Dir ignoriert werden. Also keine Angst! Im Zweifel kann auch der Cache bei Google gelöscht werden.

    Was meiner Ansicht nach viel bedeutender ist, ist der Umstand, dass Du mit Deinem Blog öffentlich Stellung beziehst und damit angreifbar wirst. Das muss jedem, der einen eigenen Blog betreibt, klar sein. Darin liegt zugleich Segen und Fluch des Web 2.0, wobei für mich der Segen eindeutig überwiegt:-) Ich habe mir auch gut überlegt, ob ich den Beitrag „Verfassungsbeschwerde Vorratsdatenspeicherung“ (http://renate.theaterblogs.de/?p=146) auf meinem Blog veröffentlichen soll. Ich habe es getan, weil ich den Bericht wichtig fand und er die Dinge sachlich darlegt.

    Ich lebe übrigens in Berlin und mich würde Deine Theaterkritik sehr interessieren 😉

    Grüße
    Renate

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  3. Ich meinte natürlich:
    … und was nicht als eine allgemeingültige Wahrheit aufgefasst werden kann …
    Bei Kritik ist natürlich immer wichtig, zu bedenken, dass die Kritisierten Menschen mit Gefühlen sind. Ich ärgere mich sehr, wenn ich pauschale Kritik bekomme, selbst wenn ich weiß, dass ein Auftritt in die Hosen gegangen ist. „Die Show war langweilig, schaut Euch doch mal die Gruppe Sowieso an.“ ist für mich als Kritik ärgerlich. Ich finde eine Kritik mit konkreten Punkten, die die Sicht der Zuschauer und deren Eindrücke wiedergeben sinnvoller, die kann ich dann auch besser annehmen.
    Und auch in der Kunst ist Geschmack eine Geschmacksfrage, womit der eine nichts anfangen kann, das spricht einem anderen vielleicht direkt ins Herz.

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  4. Bitte, Thomas, tu dir keinen Zwang an! Ich wohne im dicken B, nicht, dass ich dann noch versehentlich zu dieser Zeitverschwendungsaufführung gehe 😉 Also, nur Mut, vorsaugesetzt natürlich, deine Kritik ist sachlich-konstruktiv! Gruß, Tom

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  5. Vielen Dank für Eure konstruktiven und ermutigenden Kommentare. Ich werde auf alle Fälle noch einen konstruktiven Bericht über die ominöse Aufführung schreiben. (Und ggf. alle Abmahnungen hier veröffentlichen 😉 Vielleicht muß man es so sehen, dass selbst schlechte Kritik mehr bringt als keine. Am Ende wird das Stück noch ein großer Erfolg, nur weil es schlechte Kritiken bekommen hat. Da gibt es doch einige Beispiele…
    Also nochmals vielen Dank.

    Thomas

    PS: Ivalo, gratuliere zum Blog des Monats. Mach weiter so!

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